Aktuelles

Terminsituation

Meist sind meine Behandlungskapazitäten durchgehend belegt. Ich habe einen hälftigen Kassensitz, der es mir erlaubt, für maximal 25 Wochenstunden Therapie über die gesetzlichen Krankenversicherungen durchzuführen. Weil Psychotherapiesitzungen in der Regel im wöchentlichen Rhythmus stattfinden, ist meine Woche mit 25 Patient*innen ausgeschöpft und ich für die Dauer von ca. einem Dreivierteljahr bis Jahr (ungefähre Dauer einer Kurzzeittherapie) voll belegt.

Meine verbleibende Arbeitszeit investiere ich (neben Büroarbeiten, Vor- und Nachbereitung von Therapiesitzungen usw.) überwiegend in Ausbildung und Lehre für junge Kolleg*innen.

Aufgrund dieser Aufteilung und angesichts der schwierigen Versorgungslage für Psychotherapie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, habe ich mich entschieden, derzeit keine Termine für Selbstzahler*innen oder Privatversicherte anzubieten. Die Arbeitszeit, die ich für psychotherapeutische Behandlungen zur Verfügung habe, möchte ich vollständig im Rahmen der gesetzlichen Versorgung einbringen.

Wenn Sie gesetzlich versichert sind, dürfen Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch anfragen – ich kann allerdings immer nur dann neuen Patient*innen ein Angebot machen, wenn einer der 25 laufenden Therapien bald abgeschlossen ist.

Erfahrungsgemäß ist die Anzahl der Anfragen von neuen Patient*innen allerdings deutlich höher als die der freiwerdenden Therapieplätze. Eine Warteliste führe ich nicht, weil diese innerhalb kurzer Zeit mehrere Hundert Menschen umfassen würde, denen ich keine ethisch vertretbare Behandlungsperspektive bieten könnte.

Ich bin selbst nicht zufrieden mit dieser Situation. Niemand tritt diesen Beruf an, um ständig Menschen, die Unterstützung suchen, abzuweisen. Die Wetterau ist offiziell, laut Bedarfsplanung, mit 210% in der Überversorgung. Das heisst, dass wir (in der Theorie) mehr als doppelt so viele Psychotherapeut*innen haben, wie ursprünglich vorgesehen. Diese Planung ist allerdings aus den 90er Jahren und bildet den aktuellen Bedarf nur unzureichend ab.

Im Bereich Psychotherapie ist der Bedarf in den letzten 10-20 Jahren enorm gestiegen. Es ist nicht so, dass wir nicht genügend Psychotherapeut*innen zur Verfügung hätten. Es gibt sehr viele gut ausgebildete junge Kolleginnen und Kollegen. Es ist aber nicht möglich, sich einfach niederzulassen und in eigener Praxis mit den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen. Dafür benötigt man einen sogenannten Kassensitz und diese sind seit Jahren limitiert. Im Grunde kann man sich nur mit einer neuen (Kassen-)Praxis niederlassen, wenn andere Psychotherapeut*innen aus Altersgründen oder wegen eines Umzugs ihren Kassensitz abgeben. Diese Situation ist politisch gewollt oder doch zumindest geduldet, denn es ist bekannt, wie viele zusätzliche Kassensitze erforderlich wären, um den Bedarf zu decken (Gutachten im Auftrag des GB-A, siehe S. 36). Eine angemessene Steigerung der Zulassungen wird durch den Gesetzgeber bisher verweigert und stattdessen nur unzureichende Erhöhungen oder verwaltungstechnisch komplizierte Flickwerk-Maßnahmen zur Umverteilung der „knappen Ware“ Psychotherapie vorgenommen (siehe z.B. die TSVG-Gesetzgebung).

Ich tue mein Bestes, um möglichst vielen Menschen ein gutes Angebot machen zu können und so meinen Beitrag zur Versorgung in der Region zu leisten. Aber auch mein Arbeitstag hat nur 8 Stunden. Ich führe in der Regel maximal 5 Gespräche pro Tag, weil ich nur so gewährleisten kann, dass ich gut vorbereitet, mit voller Kompetenz und größtmöglicher Aufmerksamkeit mit meinen Patient*innen im Kontakt bin. Nicht zuletzt kann ich nur dann ein verlässlicher und hilfreicher Gesprächspartner sein, wenn ich meine eigenen Belastungsgrenzen im Blick behalte. Eine meiner Haltungen ist, dass ich sorgsam mit mir umgehe und sicherstelle, dass ich stets innerhalb meiner eigenen Kräfte und Möglichkeiten – nicht darüber hinaus – arbeite. Sonst wäre ich in dem was ich tue nicht glaubwürdig.

Für weitere Hintergründe zur schwierigen Lage in der psychotherapeutischen Versorgung empfehle ich Ihnen zudem die Folge des ZDF Magazin Royale vom 04.02.2022.